Rückstausicherung

Definition: Rückstausicherung

Eine Rückstausicherung ist ein technisches System der Gebäudeentwässerung, das verhindert, dass Abwasser aus der Kanalisation bei Rückstau in ein Gebäude eindringt. Im Normalbetrieb fließt das Abwasser ungehindert in den Kanal ab. Kommt es jedoch zu Starkregen, Verstopfungen oder einer Überlastung der Abwasseranlage, schließen die eingebauten Sicherungen automatisch und schützen so alle Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene vor eindringendem Wasser. Zu den gängigen Systemen zählen Rückstauklappen (auch Rückstauverschlüsse genannt), Abwasserhebeanlagen sowie Hybridlösungen, die beide Prinzipien kombinieren. Welche Technik im Einzelfall zum Einsatz kommt, hängt von der Art des Abwassers, den baulichen Gegebenheiten und den geltenden Vorschriften ab.

Wie funktioniert eine Rückstausicherung?

Kommt es zu Rückstau in der Kanalisation, staut sich das Abwasser in den Leitungen und gelangt zurück in die Hausanschlussleitung der Gebäude – sofern keine Rückstausicherung eingebaut ist. Diese sorgt für den notwendigen Schutz gegen Rückstau und arbeitet nach einem einfachen Prinzip: Im Normalbetrieb bleibt der Abfluss geöffnet und das Abwasser kann frei in den Kanal fließen.

Steigt das Wasser im öffentlichen Netz jedoch zurück, schließt die Sicherung automatisch und verhindert, dass Abwasser in das Gebäude eindringt. So werden Keller- und Souterrainräume zuverlässig vor Überflutung geschützt.

Unterschieden wird zwischen passiven und aktiven Systemen:

Passive Systeme

Passive Rückstausicherungen wie Rückstauverschlüsse oder Klappen arbeiten rein mechanisch: Sie schließen selbsttätig bei Rückstau im Kanal, erfordern aber den Verzicht auf die Nutzung der angeschlossenen Ablaufstellen während dieser Zeit.

Aktive Systeme

Aktive Systeme wie Abwasserhebeanlagen fördern das Abwasser über eine Rückstauschleife oberhalb der Rückstauebene. Dadurch können sanitäre Einrichtungen auch im Rückstaufall weiter genutzt werden – allerdings bei höheren Anschaffungs- und Wartungskosten.

Die Rückstauebene ist die maximale Höhe, bis zu der Abwasser im Kanalnetz ansteigen kann – in der Praxis entspricht sie meist dem Straßenniveau vor dem Gebäude.

Warum ist eine Rückstausicherung notwendig?

Ein Rückstau tritt insbesondere bei starken Regen oder Verstopfungen von Leitungen auf, wenn die Abwasserkanäle überlastet sind. Ohne eine funktionierende Rückstausicherung sind Hausbesitzer den Folgen solcher Überlastung schutzlos ausgeliefert.

Laut Umweltbundesamt hat sich Starkregen in Deutschland in den letzten 20 Jahren um rund 25 % erhöht – damit wächst auch die Gefahr, dass Wassermassen aus dem Kanal ins Haus und in den Keller zurückgedrückt werden.

Typische Gefahren ohne Rückstausicherung:

  • Überflutung in Keller- und Souterrainräumen
  • Zerstörte Einrichtung, durchnässte Bausubstanz und beschädigter Hausrat
  • Schäden durch Schimmelbildung mit gesundheitlichen Folgen
  • Eindringen von fäkalienhaltigem Abwasser, Keimen und einer Vielzahl von Schadstoffen, beispielsweise durch aufsteigendes Schmutzwasser aus der Toilette
  • Verlust oder Kürzung des Versicherungsschutzes bei Rückstauschäden

Arten von Rückstausicherungen

Für den Schutz gegen Rückstau aus dem Kanal stehen unterschiedliche Systeme zur Verfügung. Welche Lösung geeignet ist, hängt unter anderem von der Art des Abwassers, der Lage der Ablaufstellen und den örtlichen Vorschriften ab.

Rückstauklappe

Eine Rückstauklappe ist ein mechanisches Verschlussbauteil. Im Normalbetrieb bleibt sie offen und ermöglicht den freien Abfluss. Kommt es zu Rückstau in den Leitungen, schließt die Klappe automatisch und verhindert das Eindringen von Abwasser. Sie wird überwiegend bei fäkalienfreiem Abwasser eingesetzt, etwa für Bodenabläufe oder Waschmaschinenanschlüsse.

Rückstauhebeanlage

Eine Hebeanlage ist ein aktives System: Das Abwasser wird in einem Sammelbehälter aufgefangen und über eine Pumpe oberhalb der Rückstauebene in die Kanalisation gefördert. Dadurch können sanitäre Einrichtungen auch im Rückstaufall genutzt werden. Für fäkalienhaltiges Abwasser ist eine Hebeanlage in den meisten Fällen vorgeschrieben.

Hybridlösungen

Hybridsysteme kombinieren beide Prinzipien: Im Normalbetrieb läuft das Abwasser im freien Gefälle ab, bei Rückstau schaltet das System automatisch auf Pumpbetrieb um. So lässt sich Effizienz mit Schutz verbinden.

Fäkalienhaltiges vs. fäkalienfreies Abwasser

Fäkalienhaltiges Abwasser (z. B. Toiletten): erfordert in der Regel eine Hebeanlage.

Fäkalienfreies Abwasser (z. B. Waschbecken, Waschmaschine, Dusche): kann mit Rückstauklappen gesichert werden. Nutzungshäufigkeit und örtliche Vorschriften beachten.

Vergleich: Rückstauklappe vs. Hebeanlage

Vergleich Rückstauklappe vs. Hebeanlage

Merkmale und Unterschiede von Rückstauklappe (passiv) und Hebeanlage (aktiv)
Merkmal Rückstauklappe (passiv) Hebeanlage (aktiv)
Funktionsweise Mechanischer Verschluss, schließt bei Rückstau automatisch Pumpe hebt Abwasser über Rückstauebene
Energiebedarf Keine Stromversorgung notwendig Benötigt Stromanschluss
Nutzung bei Rückstau Nicht möglich Weiterhin möglich
Einsatzbereich Vor allem fäkalienfreies Abwasser, selten genutzte Ablaufstellen Fäkalienhaltiges und fäkalienfreies Abwasser, häufig genutzte Ablaufstellen
Anschaffungskosten Günstiger (Material ca. 200–500 €) Höher (Material ab ca. 1.500 €)
Wartung Gering bis mittel Höher, regelmäßige Fachwartung erforderlich
Vorteil Kostengünstig, einfache Installation Höchster Schutz und Komfort
Nachteil Eingeschränkte Nutzung bei Rückstau Höhere Investition, mehr Wartungsaufwand

Ist eine Rückstausicherung Pflicht?

Ob eine Rückstausicherung verpflichtend ist, ergibt sich aus den allgemein anerkannten Regeln der Technik und den örtlichen Entwässerungssatzungen. Grundsätzlich gilt: Ablaufstellen unterhalb der Rückstauebene (meist Straßenniveau) dürfen nicht frei in den öffentlichen Kanal entwässern. Hier sind technische Schutzmaßnahmen vorzusehen – je nach Abwasserart Rückstauverschlüsse (für fäkalienfreies Abwasser) oder Hebeanlagen (für fäkalienhaltiges Abwasser).

Die Planung orientiert sich u. a. an DIN EN 12056-4, DIN EN 12056, DIN EN 13564-1 und DIN 1986-100. Zusätzlich können kommunale Satzungen strengere Vorgaben machen (z. B. zwingende Hebeanlage) und Gebäudeversicherer verknüpfen den vollen Versicherungsschutz oft mit einer funktionsfähigen, nachweislich gewarteten Rückstausicherung.

Liegt der Bodenabfluss unter der Rückstauebene, muss eine Rückstausicherung eingebaut werden

Pflicht – wenn …

  • Ablaufstellen (Bodenabläufe, Dusche, Waschmaschine, Toilette im Souterrain/Keller) unterhalb der Rückstauebene liegen.
  • die örtliche Entwässerungssatzung Rückstauschutz vorschreibt bzw. den Einsatz bestimmter Systeme regelt.
  • es sich um fäkalienhaltiges Abwasser handelt (in der Regel Hebeanlage gefordert).
  • der Versicherer Rückstauschutz und regelmäßige Wartung als Voraussetzung nennt.
  • das Gebäude in einem Gebiet mit häufigen Starkregen-Ereignissen oder hohem Grundwasserstand liegt.

Vorschriften und Normen

Der Einbau und Betrieb von Rückstausicherungen richtet sich nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik. Grundlage sind vor allem folgende Normen und ergänzende kommunale Vorschriften:

  • DIN EN 12056-4 – Schwerkraftentwässerung innerhalb von Gebäuden; regelt Rückstauschutz und Einsatz von Hebeanlagen
  • DIN EN 13564-1 – definiert Typen von Rückstauverschlüssen für fäkalienfreies Abwasser
  • DIN EN 12056 – übergreifende Norm zur Schwerkraftentwässerung, häufig mit DIN 1986-100 kombiniert

Kommunale Satzungen – regionale Vorgaben, z. B. zu zulässigen Systemen, Hausanschlussleitungen und Wartungspflichten.

Einbau einer Rückstausicherung

Der Einbau gehört in die Hände von Fachbetrieben mit Erfahrung in der Abwasseranlage. Nur so ist sichergestellt, dass die Anlage den Normen entspricht und langfristig zuverlässig funktioniert.

Ein zentraler Bezugspunkt ist die sogenannte Rückstauebene. Sie bezeichnet die maximale Höhe, auf die sich Wasser im Leitungssystem anstauen kann – in der Praxis entspricht das meist dem Straßenniveau vor dem Gebäude. Alle Ablaufstellen unterhalb dieser Höhe gelten als rückstaugefährdet und müssen gesichert werden.

Eine Rückstausicherung wird wichtig, wenn Starkregen und Unwetter drohen

Ablauf in der Praxis

Bestandsaufnahme

Prüfung der Entwässerungsanlage, Lage der Ablaufstellen und Rückstauebene.

Systemwahl

Rückstauklappe, Hebeanlage oder Hybridlösung – abhängig von Abwasserart, Nutzung und Vorschriften.

Einabu

Fachgerechte Integration ins bestehende Rohrnetz, ggf. mit Stromanschluss bei aktiven Systemen.

Dies ist die Überschrift

Dichtheitsprüfung, Testlauf und Einweisung des Betreibers.

Wartungsplan

Übergabe eines Wartungskonzepts, das für Versicherungsschutz und Funktionssicherheit entscheidend ist.

Kosten einer Rückstausicherung inkl. Einbau

Die Kosten hängen stark vom Systemtyp, der baulichen Situation und davon ab, ob es sich um einen Neubau oder eine Nachrüstung handelt. Während einfache Rückstauklappen relativ günstig sind, erfordern Abwasserhebeanlagen eine höhere Investition – bieten dafür aber auch mehr Sicherheit und Komfort.

Rückstauklappe (fäkalienfrei):

Material 200–500 €, Einbau 300–600 €. Sie eignet sich für Bodenabläufe oder Waschmaschinenanschlüsse und ist die günstigste Lösung. Allerdings können die angeschlossenen Entwässerungsstellen während eines Rückstaus nicht genutzt werden.

Rückstauklappe (fäkalienhaltig):

Material 400–800 €, Einbau 500–900 €. Diese Systeme sind technisch aufwendiger, dürfen aber nur unter bestimmten Randbedingungen eingesetzt werden. In vielen Fällen schreiben Vorschriften hier stattdessen den Einsatz einer Hebeanlage vor.

Hebeanlage

Material 1.500–4.000 €, Einbau 800–2.000 €. Sie ist die teuerste, aber auch sicherste Lösung, da Abwasser aktiv über die Rückstauebene gepumpt wird. So bleibt die Nutzung der sanitären Anlagen auch im Rückstaufall möglich, allerdings mit höheren Betriebs- und Wartungskosten.

Wartung und Lebensdauer

Eine Rückstausicherung schützt nur zuverlässig, wenn sie regelmäßig gewartet wird. Fachleute empfehlen eine Lebensdauer von rund 20–25 Jahren.

Fehlende Wartung kann nicht nur die Funktion beeinträchtigen, Überschwemmung nach starkem Regen von Keller und Haus fördern, sondern auch im Schadensfall den Versicherungsschutz gefährden.

Wichtige Wartungsaufgaben:

  • Sichtprüfung durch den Betreiber in monatlichen Abständen (Sauberkeit, Beschädigungen, ungewöhnliche Geräusche).
  • Fachwartung mindestens einmal jährlich, besser halbjährlich, inklusive Funktionsprüfung.
  • Dichtungen prüfen auf Risse, Verformungen oder Verschleiß.
  • Mechanik und bewegliche Teile reinigen, schmieren und auf Leichtgängigkeit kontrollieren.

Haftung und Versicherungsschutz

Grundstückseigentümer und Hausbesitzer sind verpflichtet, ihre Abwasseranlagen in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten. Dazu zählt auch eine funktionierende Rückstausicherung.

Wird sie nicht eingebaut oder nicht gewartet, haftet bei Schäden in der Regel der Eigentümer selbst.

Viele Wohngebäude- und Elementarschadenversicherungen übernehmen Rückstauschäden nur dann, wenn eine Rückstausicherung vorhanden und nachweislich gewartet ist. Fehlt sie oder ist sie funktionsuntüchtig, kann die Versicherung die Regulierung verweigern oder Leistungen stark kürzen.

Ohne funktionierende Rückstausicherung erfolgt oft keine Schadenregulierung durch die Versicherung.

Elektronische Rückstauverschlüsse – Vorteile und Nachteile

Neben mechanischen Rückstauklappen und aktiven Hebeanlagen gibt es auch elektronisch gesteuerte Rückstauverschlüsse. Sie überwachen den Wasserspiegel automatisch, schließen bei Rückstau und können oft per Fernüberwachung oder Display gesteuert werden. Das bietet zusätzlichen Komfort, geht aber mit höheren Kosten und mehr Wartungsaufwand einher.

Vorteile

  • Hoher Bedienkomfort, automatische Steuerung, oft kombinierbar mit Smart-Home-Lösungen
  • Zuverlässige Überwachung auch bei komplexeren Anlagen
  • Schutz vor Rückstau aus dem Kanal bei Regenfällen
  • Schäden an Inventar, Hausanschlussleitung und persönlichen Dingen kann vermieden werden

Nachteile

  • Teurer in Anschaffung und Betrieb, abhängig von Stromversorgung
  • Höhere Anforderungen an regelmäßige Wartung, Reparaturen können kostenintensiv sein

Eine fachgerecht geplante und regelmäßig gewartete Rückstausicherung schützt Gebäude langfristig vor den Folgen von Rückstau – und gibt Hausbesitzern Sicherheit gegenüber Wasserschäden, hohen Kosten und dem Verlust ihres Versicherungsschutzes.

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